Ja, es stimmt: Ich bin kein Großstadtkind. Es ist alles zu voll und zu laut, der Blick ist ständig eingeschränkt und dauernd trifft man Leute. Denen man egal ist. Die einem selbst egal sind. Aber ja, auch das stimmt: Hamburg kann recht überzeugend sein. Auch im Februar, selbst wenn es nieselt. Es sind die Dinge, die hier nicht so sind.
Die Landungsbrücken präsentieren sich mir im Sonnenuntergang. Bei dieser Seefahrerromantik muss auch dem sprödesten Ostwestfalen das Herz überschäumen. Und das tut es. Roter Backstein, scharfkantige Glasfassaden. Stahlblaues Wasser, Himmel. Himmel. Weite. Möwengeschrei macht das Ganze fast kitschig.
Das Schanzenviertel ist tausendfach persönlicher, als das Herz jeder Kleinstadt. Überall Miniwunder. Das geht wohl nur hier. Häuser voller erfüllter Träume. Herzblut pulsiert in den Cafés, Läden, in den Graffitis, hinter den Gardinen. Dicke Schichten von Plakaten an jeder Mauer und von Aufklebern an jeder Ampel wispern unzählige Geschichten. Es ist traumhaft hier.
Die Reeperbahn gerät mir unter die Füße, als ich schon eine Menge Prosecco, Weißwein und Honigrum im Blut habe. So muss es sein. Lichter, verruchte Ecken, Alkohol und Touristen. Ich verstehe jetzt, warum es die Menschen hierher zieht. In der Luft liegen Abenteuer, Lust, Zigarettenrauch, Musik und eine Prise Gefahr. Irgendwo. Nicht direkt hier aber in der Nähe.
Und die Menschen. Sie sehen mich an. Sie sprechen mich an. Sie bemerken mich. Und sie sagen ständig Du. Viele schöne Menschen gibt es hier, viele hippe, sehr viele Touristen. Trotzdem keine Anonymität. Zumindest fühlt es sich nicht danach an. Ja, es stimmt: Ich bin kein Großstadtkind. Vielleicht ist das hier einfach keine Großstadt.